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Rhetorik und die Kunst, Gehör zu finden

Veröffentlicht am: 10. April 2025


I have a dream

Barack Obama, John F. Kennedy und Martin Luther King – sie alle sind bedeutende Persönlichkeiten, die uns nicht zuletzt aufgrund ihrer herausragenden rhetorischen Fähigkeiten in Erinnerung bleiben. Ihre Reden sind bis heute unvergessen. Es waren weit mehr als nur treffende Worte – Es waren Botschaften der Hoffnung, des Wandels und der Gerechtigkeit.

Es ist kein Geheimnis: Wer es versteht, sich überzeugend auszudrücken, dem eröffnen sich im Leben zahlreiche Möglichkeiten. Rhetorik ist nicht nur ein Werkzeug, sondern eine mächtige Waffe, die uns Wege ebnen, Menschen beeinflussen und Visionen verwirklichen kann.

Doch was macht jemanden zu einem herausragenden Redner? Welche Techniken nutzen diese Persönlichkeiten, um ihre Botschaften mit einer solchen Kraft in die Welt hinauszutragen? Der Schlüssel liegt in der Kunst der Rhetorik – der Fähigkeit, Sprache so zu gebrauchen, dass sie nicht nur informiert, sondern auch bewegt, motiviert und überzeugt.


Motive

Jeder Redner hat, ob er es nun zugibt oder nicht, eine klare Absicht, die sich hinter seinen Worten verbirgt. Aristoteles, einer der bedeutendsten Denker seiner Zeit, beschrieb bereits in der Antike drei grundlegende Typen der Rede. Der Mentor, dessen Absicht es ist, das Publikum zu erziehen und zu leiten, vermittelt Wissen und Weisheit. Seine Reden sind geprägt von einer didaktischen Haltung, die darauf abzielt, den Zuhörer zu einer tieferen Einsicht oder Veränderung zu führen.

Die Muse hingegen spricht aus einer kreativen und emotionalen Perspektive. Ihr Ziel ist es, das Publikum zu inspirieren, Gefühle zu wecken und eine tiefere emotionale Verbindung zu schaffen. Die Rede der Muse ist oft geprägt von Leidenschaft und Schönheit.

Der Macher schließlich ist der Pragmatiker, dessen Ziel es ist, zu konkreten Handlungen aufzurufen. Die Rede des Machers ist oft strategisch und fokussiert auf die Veränderung eines Verhaltens oder das Erreichen eines bestimmten Ziels. Dafür nutzt er klare und überzeugende Argumente.

Es ist wichtig sich diese Existenz eines tieferen Motivs zu verdeutlichen. Die Kunst der Rhetorik liegt nicht nur in der Fähigkeit, überzeugend zu sprechen, sondern auch in der bewussten Wahl eines Ziels, das mit der Rede erreicht werden soll.


Die drei Säulen der Kommunikation

Wer die Kunst der Rhetorik erlernen möchte, für den reicht es nicht nur, mit kraftvoller Stimme zu sprechen und eine überzeugende Rede zu verfassen. Es bedarf vielmehr einer tiefen Auseinandersetzung mit den drei wesentlichen Säulen der Kommunikation verbale, nonverbale und paraverbale Kommunikation.

Die verbale Kommunikation umfasst die Worte, die wir wählen, und die Art und Weise, wie wir diese strukturieren. Eine klare und präzise Wortwahl ist entscheidend, um eine Botschaft unmissverständlich zu vermitteln. Die Verwendung rhetorischer Stilmittel wie Metaphern, Wiederholungen oder rhetorischer Fragen wirkt auf das Gesagte wie ein Katalysator und steigern die emotionale Verbindung und die Überzeugungskraft.

Doch Sprache allein reicht nicht aus. Die nonverbale Kommunikation – also Mimik, Gestik, Körperhaltung und Augenkontakt spielen eine ebenso zentrale Rolle. Unser Körper spricht mit, oft mehr als unsere Worte es tun. Ein selbstbewusster, offener Stand kann Vertrauen erwecken, während verschränkte Arme oder unsichere Gesten Zweifel säen können. Der Augenkontakt ist ein weiteres mächtiges Werkzeug, das entweder Nähe und Verbindung schafft oder Distanz und Unsicherheit signalisiert. Einen herausragenden Redner erkennt man oft einzig an seiner aussagekräftigen Körpersprache.

Oft vergessen, aber ebenso wichtig ist die paraverbale Kommunikation, also die Art und Weise, wie wir unsere Worte aussprechen. Tonfall, Sprechtempo und Lautstärke sind entscheidend dafür, wie eine Botschaft aufgenommen wird. Ein gut platzierter Stimmwechsel kann etwa die Dringlichkeit einer Aussage unterstreichen, während ein langsames, bedächtiges Sprechen dem Zuhörer Zeit gibt, die Bedeutung zu reflektieren. Ein variabler Tonfall sorgt dafür, dass eine Rede lebendig bleibt und das Publikum nicht das Interesse verliert, während monotone Floskeln die Aufmerksamkeit nachträglich mindern.


Eine gute Rede schreiben

Selbst der herausragendste Rhetoriker profitiert von einer niedergeschriebenen Rede. Sie schafft Struktur, komprimiert Ideen und dient als roter Faden. Im Folgenden möchte ich einige Techniken vorstellen, die diesen Prozess erleichtern und eine gute Rede von einer sehr guten Rede abheben.

Die Verwendung von logischen und verständlichen Argumenten ist der Schlüssel einer jeden argumentativen Rede. Die Verwendung von Syllogismen, also logischen Dreischritten, ist eine beliebte und simple Methode zur Modellierung einer komplexen Idee. Ein Syllogismus besteht dabei immer aus zwei Prämissen gefolgt von einer Schlussfolgerung. Ein einfaches Beispiel könnte folgendermaßen lauten:

Prämisse 1: Alle Menschen sind sterblich.

Prämisse 2: Aristoteles ist ein Mensch.

Schlussfolgerung: Daher ist Aristoteles sterblich.

Analog zu logischen und sachlichen Argumentationen bilden emotionale Argumente eine weitere Schlüsselfigur der Rhetorik. Dabei lassen sich zwei Hauptformen unterscheiden.

Aversion (Abneigung) weckt eine negative Emotion oder Haltung in Bezug auf ein bestimmtes Thema oder eine spezifische Handlung. Es werden dabei oft unangenehme oder abschreckende Bilder und Szenarien beschworen, die das Publikum beeinflussen sollen. Ein Beispiel:

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der der Klimawandel ungebremst fortschreitet: Stürme, die unsere Küsten zerstören, Hitzewellen, die ganze Städte unbewohnbar machen, und unaufhaltsame Naturkatastrophen. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir in einer Zukunft leben, die von Chaos und Leid geprägt ist – und das alles aufgrund unserer Untätigkeit.

Auf der anderen Seite wird Appetenz (Zuneigung) verwendet, um positive Emotionen zu wecken und eine wünschenswerte Vision oder Zukunft darzustellen. Hierbei wird das Publikum zu einer bestimmten Handlung oder Entscheidung ermutigt, indem ein verlockender, harmonischer Ausgang in Aussicht gestellt wird. Ein Beispiel:

Stellen Sie sich vor, wie es wäre, in einer Welt zu leben, in der alle Menschen gleichberechtigt Zugang zu Bildung haben. Eine Welt, in der jedes Kind, unabhängig von dessen Herkunft, die Chance hat, sein volles Potenzial zu entfalten und seinen Traum zu verwirklichen. Diese Zukunft ist nicht nur möglich, sie ist innerhalb unserer Reichweite – wenn wir jetzt den ersten Schritt tun.

Beide Ansätze sind nicht nur komplementär, sondern auch notwendig, um in der Rhetorik eine Balance zwischen Warnung und Hoffnung zu finden. Sie verstärken einander und bilden das Fundament für überzeugende, kraftvolle Reden, die das Publikum sowohl emotional berühren als auch intellektuell ansprechen.


Jeder kann zu einem herausragenden Rhetoriker werden

Rhetorik ist keine angeborene Fähigkeit, keine Gabe oder Talent, sondern eine Kunst, die durch Übung und bewusste Auseinandersetzung mit Sprache und Emotionen erlernt werden kann. Jeder hat das Potenzial, seine Gedanken und Ideen kraftvoll in die Welt hinauszutragen. Es erfordert lediglich den Willen, sich weiterzuentwickeln und die eigene Stimme zu finden.


Passende Literatur- und Medienempfehlungen

  1. Die Macht der Rhetorik von Roman Braun
  2. Meisterkurs Rhetorik von Benedikt Held
  3. „I have a dream“ von Johan Schloemann
  4. How to Improvise Like Dr. Martin Luther King Jr (Cautionary Tales Podcast Episode 11)