
Veröffentlicht am: 12. Februar 2025
Unter Mathematikern gibt es eine ungeschriebene Regel, die angehende Wissenschaftler beherzigen sollten, wenn sie es in dieser Königsdisziplin wirklich zu etwas bringen wollen. Ein warnender Rat, den erfahrene Experten immer wieder an die nächste Generation weitergeben: „Halte dich fern von 3x+1.“
Diese scheinbar harmlose Formel steht im Zentrum des berühmten, bis heute ungelösten Collatz-Problems – auch bekannt als die (3x+1)-Vermutung. Es fasziniert durch seine verblüffend einfache Formulierung, doch genau darin liegt seine Tücke. Obwohl das Problem mit wenigen Worten verständlich gemacht werden kann, gehört es zu den größten Rätseln der Mathematik. Nicht ohne Grund wird jungen Mathematikern davon abgeraten, sich daran die Zähne auszubeißen – eine Lösung scheint nach wie vor in unerreichbarer Ferne zu liegen.
Das Prinzip ist simpel: Man nehme eine beliebige natürliche Zahl - für unser Beispiel 10. Nun gelten zwei Regeln. Sollte die Zahl ungerade sein, multiplizieren wir diese mit 3 und addieren 1. Für den Fall, dass die Zahl gerade ist, dividieren wir durch 2. Nach diesem Prinzip fahren wir fort: $$10 / 2 = 5$$ $$5 * 3 + 1 = 16$$ $$16 / 2 = 4$$ $$4 / 2 = 2$$ $$2 / 2 = 1$$ $$1 * 3 + 1 = 4$$ Damit erreichen wir die bekannte 4-2-1-Schleife, aus der es kein Entkommen gibt. Das wirklich Faszinierende ist jedoch: Egal, mit welcher Zahl man beginnt – am Ende landet man immer im 4-2-1-Zyklus. Manche Zahlen erreichen ihn nach wenigen Schritten, andere benötigen Hunderte oder gar Tausende Iterationen. Ein Beispiel: Die Zahl 26 benötigt lediglich 10 Schritte, um bei 1 anzukommen. Ihr direkter Nachbar, die 27, hingegen folgt einer scheinbar endlosen Reise und erreicht die 1 erst nach 111 Iterationen. Doch es wird noch rätselhafter: Das Muster dieser Zahlenfolgen scheint völlig chaotisch zu sein. Bis heute ist es niemandem gelungen, ein Muster zu finden, welches dieses unvorhersehbare Verhalten erklärt. Die Frage, ob wirklich jede natürliche Zahl irgendwann die 1 erreicht, bleibt eines der großen ungelösten Rätsel der Mathematik – bekannt als das Collatz-Problem.
Auf den ersten Blick scheint der Verlauf der Zahlenfolge völlig willkürlich. Manche Werte stürzen rasant ab, während andere in ungeahnte Höhen aufsteigen, bevor sie sich der unvermeidlichen 4-2-1-Schleife fügen. Doch verbirgt sich vielleicht eine versteckte Ordnung hinter dem Chaos? Eine einfache Frage steht im Raum: Gibt es eine Zahl, die sich dieser Regel widersetzt und niemals in den 4-2-1-Zyklus eintritt? Bis heute konnte niemand eine solche Zahl finden – doch auch ein Beweis, dass sie nicht existiert, fehlt.
Moderne Computer haben bereits Billionen von Zahlen überprüft – und bisher landete jede einzelne irgendwann bei der 1. Doch ein Beweis für die allgemeine Gültigkeit fehlt. Das Problem: Nur weil es für jede getestete Zahl funktioniert, bedeutet das nicht automatisch, dass es für alle Zahlen gilt. Die Mathematik verlangt absolute Sicherheit, und eine unendliche Anzahl an Möglichkeiten lässt sich schlichtweg nicht durch einen Brute-Force-Ansatz abdecken.
Viele große Mathematiker haben sich an Collatz versucht – und sind daran gescheitert. Paul Erdős, einer der größten Zahlentheoretiker des 20. Jahrhunderts, sagte über das Problem: “Mathematics is not yet ready for such problems” [2] Und vielleicht hatte er recht. Die (3x+1)-Vermutung ist eines dieser Probleme, die einfach genug erscheinen, um jeden zu faszinieren, aber tief genug reichen, um selbst die klügsten Köpfe zu frustrieren.