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The Company that Owns the World

Veröffentlicht am: 06. Juni 2025


Der Kapitalgigant

Lass mich diesen Artikel mit einer Frage beginnen: Wenn du an die größten Unternehmen der Welt denkst, kommen dir wahrscheinlich sofort die Tech-Giganten Google, Meta und Microsoft in den Sinn – vielleicht denkst du aber auch an Apple, Amazon oder an einen ganz anderen Konzern. Doch welches Unternehmen steht tatsächlich ganz oben an der Spitze der globalen Wirtschaft?

Zugegebenermaßen erwarte ich nicht, dass du die Antwort auf diese Frage kennst, denn der wahre Spitzenreiter taucht auf keiner Werbetafel auf und besitzt auch keine imposanten Firmengebäude. Dennoch kontrolliert er mehr Vermögen, als jedes andere Unternehmen der Welt. Die Rede ist von BlackRock – einem Finanzgiganten, der die Weltwirtschaft kontrolliert wie ein unsichtbarer Puppenspieler hinter den Kulissen der globalen Märkte.


Aufstieg während einer Wirtschaftskrise

Angefangen als unscheinbares Investmentunternehmen in den späten 1980er-Jahren, hat sich BlackRock innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem der mächtigsten Akteure der globalen Finanzwelt hochgearbeitet. 1988 von Larry Fink gegründet, lag dessen Spezialisierung zunächst in dem damals noch jungen Geschäft der Risikobewertung von Anleihen. Erst mit der Finanzkrise 2007–2008 begann BlackRocks kometenhafter Aufstieg: Während Banken kollabierten und Finanzmärkte ins Straucheln gerieten, wurde das Unternehmen von Regierungen und Zentralbanken als unabhängiger, analytisch starker Krisenhelfer engagiert und gewann dabei nicht nur Einfluss und Vertrauen, sondern auch gewaltige Mengen an Kapital. Heute verwaltet BlackRock fast 12 Billionen US-Dollar – das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland, Japan und Indien zusammen. Wäre BlackRock ein Staat, dann gälte es unbestritten als die mit Abstand größte Wirtschaftsmacht der Welt.


Ein Schattendasein

Trotz seines unvorstellbaren Einflusses bleibt BlackRock weitestgehend unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das Unternehmen meidet die grellen Scheinwerfer der Medien und hält sich aus politischen Debatten meist demonstrativ heraus. Durch Beteiligungen an fast allen großen Unternehmen der Welt hat BlackRock einen Sitz an fast jedem wichtigen Verhandlungstisch – und das ohne Wahl und ohne Rechenschaft ablegen zu müssen.

Ob in der Tech-Branche mit Apple, Microsoft, Amazon, Meta, Tesla und Nvidia, im Finanzsektor mit JPMorgan Chase und Goldman Sachs, in der Pharmaindustrie mit Pfizer und Johnson & Johnson oder in der Energiebranche mit ExxonMobil und Shell – BlackRock ist überall vertreten. Es hält Anteile an Konzernen, die unsere Kommunikation, unsere Gesundheit, unsere Mobilität und unsere Energieversorgung bestimmen.

Die Kritik liegt dabei auf der Hand: BlackRock ist Berater und Investor zugleich und sitzt damit oft an beiden Enden des Verhandlungstisches – ein Interessenkonflikt, der kaum transparenter Kontrolle unterliegt.


Aladdin: Der mächtigste Algorithmus der Welt

Ein wesentliches Puzzleteil von BlackRocks Einfluss ist ein Algorithmus namens Aladdin – kurz für Asset, Liability, Debt and Derivative Investment Network. Aladdin ist das vielleicht mächtigste Finanzsystem der Welt: eine gigantische Softwareplattform, die täglich Billionen an Vermögenswerten analysiert, Risiken berechnet und Anlageentscheidungen unterstützt – nicht nur für BlackRock selbst, sondern auch für hunderte Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und sogar Zentralbanken weltweit. Wer Aladdin nutzt, lässt BlackRock tief in die eigenen Bücher blicken und hängt in hohem Maße von den Bewertungen und Empfehlungen der Plattform ab. Durch diese Vernetzung hat Aladdin Zugriff auf Milliarden von sensiblen Finanz- und Geschäftsdaten, darunter Marktstrategien, Risikoprofile und interne Entscheidungsprozesse der größten Akteure der Weltwirtschaft.


Macht ohne Gesicht

BlackRock ist längst kein gewöhnliches Unternehmen mehr. Es verkauft keine Produkte, betreibt keine Läden und schaltet keine Werbung – und doch formt es die Welt, in der wir leben, auf fundamentale Weise. Mit gigantischen Beteiligungen, diskreter Einflussnahme und einer strategischen Nähe zu Regierungen agiert es im toten Winkel der öffentlichen Wahrnehmung. Und genau das macht es so gefährlich. Denn Macht, die sich jeder demokratischen Kontrolle entzieht, ist immer eine Bedrohung.

BlackRock steht exemplarisch für eine Weltordnung, in der Kapitalströme mehr zählen als politische Entscheidungen – und in der die wirklich Mächtigen keine Präsidenten oder CEOs sind, sondern stille Verwalter im Schatten des Systems.


Passende Literatur- und Medienempfehlungen

  1. BlackRock von Heike Buchter